Dichterstafette auf dem Autobus
Wir haben eine Anzahl Schriftsteller gebeten, sich eine Strecke jener Omnibuslinie herauszusuchen, die ungefähr von den Linden nach dem Halensee fährt, und die Eindrücke während dieser kurzen Fahrt zu schildern.
Alexanderplatz. Von Alfred Döblin
Kraftomnibus-Haltestelle! Numero zwo. Alexanderplatz - Königstrasse - Schlossplatz - Unter den Linden -Brandenburger Tor - Friedrich-Ebert-Strasse - Lennéstrasse - Viktoriastrasse. Abstände 4 (6) Minuten, die mit einem Stern versehenen Linien haben Nachtverkehr. Alexanderplatz, teurer Alex, wie haben sie dir zugerichtet, so sehe ich dir wieder. Die berolina haben sie dir geklaut, schön grün war´s in der Mitte, jetzt gibt´s nur Bauzäune und Löcher. Tietz steckt vier weisse Fahnen raus, das heisst Weihnachtsverkauf, oben brennt die Weltkugel, das Polizeipräsidium ist schmutzig rot; nun lass mich in die Tasche greifen, von diesem Platz muss fort ich streifen, mein Freund, kannst du nicht länger sein. Fahrschein gefällig, zwanzig Pfennig. Zerrissene, zerknitterte Fahrscheine sind ungültig, Fahrschein nicht übertragbar. Gültig am Lösungstag. Auszug aus den Beförderungsbedingungen umseitig.
Wir gondeln los, wir wackeln los, wir zittern los. Das Ding hat einen Maybachmotor, ist gross wie ein Haus und läuft wie ein Aal. Möchten Sie unter so ein Ding liegen? ich nicht geschenkt. "Nicht stehen bleiben, für Fussgänger verboten!" Wir fahren ja, laut Beförderungsbedingungen, gültig am Lösungstag. Bei Aschinger sitzen sie schon, ich setz mich lieber bei Aschinger als hier "nicht stehen bleiben, für Fussgänger verboten!", wissen wir schon, da hält er zum ersten Male, Bahnhof Alexanderplatz. Wenn man rausguckt, wundert man sich, wie die Menschen über den Damm kommen. Wo die Menschen alle herkommen, links kommen sie vom Gericht oder Präsidium, rechts von der Markthalle, dann wollen welche zum Bahnhof, bleiben Sie doch hier, ist doch ganz schön in Berlin, ich fahre ruhig die Königstrasse runter, was hat man vom Leben, in Werneuchen ist auch nichts los ... |