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Wohnung Roscherstraße 16, Gartenhaus, IV. Stock

Am 31. August 1929 schreibt Kästner seiner Mutter nach Dresden, daß er eine neue Wohnung in einer "Seitenstraße vom Kurfürstendamm" gefunden habe und schickt ihr einen Grundriß.

Berlin, 31. August 29

Liebes gutes Muttchen!
Na, die kleine Wohnung ist ganz reizend. In einer Seitenstraße vom Kurfürstendamm. Schön ruhig. Alle möglichen Autobusse, Straßenbahnen und Stadtbahnhof Charlottenburg 2 Minuten entfernt. In einem vierstöckigen Gartenhaus. Zu beiden seiten bißchen was Grünes. im 4. Stock. Fahrstuhl. Neubau, seit genau einem Jahr bezogen. Die Leute, junges Ehepaar, wollen sich vergrößern. Loben das Haus, die Wohnung etc. sehr. Haben noch 4 Jahre Kontrakt. Den übernehme ich, wenn ich miete. Der Wirt ist eine große Gesellschaft.
Die Wohnung selber: 3 Zimmer, Morgensonne, Balkon, 1 Bad, Klosett, zusammen, 1 Küche. 1 Mädchenkammer, kleine Diele, Speisekammer, zwei eingebaute Schränke. Zentralheizung, Telefon.
Die Zimmer sind nicht sehr groß...
Will Dir mal aufzeichnen, wie die Sache ungefähr im Plan aussieht.

Aus: muttchen, S. 77-79

Er wohnt in der Roscherstraße 16 bis zum 15. Februar 1944, als das Haus von einer Fliegerbombe zerstört wird: "Ein paar Kanister »via airmail« eingeführten Phosphors aufs Dach, und es ging wie das Brezelbacken. Dreitausend Bücher, acht Anzüge, einige Manuskripte, sämtliche Möbel, zwei Schreibmaschinen, Erinnerungen in jeder Größe und mancher Haarfarbe, die Koffer, die Hüte, die Leitzordner, die knochenharte Dauerwurst in der Speisekammer, die Zahnbürste, die Chrysanthemen in der Vase und das Telegramm auf dem Schreibtisch: »ankomme 16. früh anhalter bahnhof bringe weil paketsperre frische wäsche persönlich muttchen«. Wenigstes einer der Schreibmaschinen wollte ich das Leben retten. Leider sausten mir schon im dritten Stock brennende Balken entgegen. Der Klügere gibt nach."

Aus: erwachsene, S. 438

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