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Bebelplatz

Bücherverbrennung
"Studenten verladen Bücher zur Verbrennung vor der Staatsoper am 10. Mai 1933"

roth, S. 244

"Im Jahre 1933 wurden meine Bücher in Berlin, auf dem großen Platz neben der Staatsoper, von einem gewissen Herrn Goebbels mit düster-feierlichem Pomp verbrannt. Vierundzwanzig deutsche Schriftsteller, die symbolisch für immer ausgetilgt werden sollten, rief er triumphierend beim Namen. Ich war der einzige der Vierundzwanzig, der persönlich erschienen war, um dieser theatralischen Frechheit beizuwohnen. Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt (...) Plötzlich rief eine schrille Frauenstimme: "Dort steht ja der Kästner!" Eine junge Kabarettistin, die sich mit einem Kollegen durch die Menge zwängte, hatte mich stehen sehen und ihrer Verblüffung übertrieben laut Ausdruck verliehen. Mir wurde unbehaglich zumute. Doch es geschah nichts. (Obwohl in diesen Tagen gerade sehr viel zu «geschehen« pflegte."

Aus: Vorrede zu "Bei Durchsicht meiner Bücher" (1946). In: werke, Bd. 1, S. 370.

Bei der zentralen, live über den Rundfunk übertragenen Bücherverbrennung am 10. Mai 1933 wurde Kästner im 2. Feuerspruch genannt: "Gegen Dekadenz und moralischen Zerfall. Für Zucht und Sitte in Familie und Staat! Ich übergebe dem Feuer die Schriften von Heinrich Mann, Ernst Glaeser, Erich Kästner." Doch nicht die erotischen Gedichte oder die in seinem Roman "Fabian" geschilderte sexuelle Freizügigkeit machten Kästner den Nationalsozialisten verhaßt, sondern seine antimilitaristische und republikanische Haltung während der Weimarer Republik. In verschiedenen Gedichten hatte Kästner die Ideologie der Rechten parodiert:

    Ganz rechts zu singen
    ED: Weltbühne 1. 10. 1930

    Stoßt auf mit hellem hohem Klang!
    Nun kommt das dritte Reich!
    Ein Prosit unserm Stimmenfang!
    Das war der erste Streich!

    Der Wind schlug um. Nun pfeift ein Wind
    von griechisch-nordischer Prägung.
    Bei Wotans Donner, jetzt beginnt
    die Dummheit als Volksbewegung.

    Wir haben das Herz auf dem rechten Fleck,
    weil sie uns sonst nichts ließen.
    Die Köpfe haben je doch keinen Zweck.
    Damit kann der Deutsche nicht schießen. (...)

1933 wurden Zeitschriften wie die "Weltbühne" verboten, andere Blätter wagten nicht mehr, Gedichte von EK zu drucken. Aus Bibliotheken wurden seine Bücher entfernt, der Buchhandel unter Druck gesetzt, seine Bücher nicht länger zu vertreiben. Das letzte Buch, das in Deutschland erscheinen konnte, war das "Fliegende Klassenzimmer" (Deutsche Verlags-Anstalt, November 1933). Seit 1934 erschienen neue Bücher von EK im Atrium Verlag, Zürich, der bis heute die Rechte besitzt. Sie durften noch bis 1936 im Deutschen Reich vertrieben werden - danach war auch das verboten.

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