28. Februar 1848: Die "Vossische Zeitung" berichtet mit einem Extrablatt über die Abdankung des französischen Königs Louis Philippe I. Die Nachrichten über den Ausbruch der Revolution in Paris werden in Berlin mit Begeisterung aufgenommen. Lesekabinette und Cafés, in denen auch auswärtige Zeitungen ausliegen, werden von aufgeregt diskutierenden Menschen regelrecht belagert. In vielen Lokalen steigen Vorleser auf Tische und Bänke, um mit lauter Stimme die neuesten Nachrichten aus der französischen Hauptstadt zu verkünden. Am 7. März findet vor den Toren der Stadt die erste große Berliner Protestkundgebung statt. Die in dem Ausflugslokal "In den Zelten" verabschiedete Adresse an den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. entspricht weitgehend den klassischen "Märzforderungen", wie sie auch in anderen Staaten des Deutschen Bundes erhoben werden: Neben der Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit werden die Verminderung des stehenden Heeres und die Volksbewaffnung eingeklagt; die alte Forderung nach der schnellen Einberufung des Vereinigten Landtags wird durch den Ruf nach einer allgemeinen deutschen Volksvertretung erweitert. | ![]() |
Die Wirtschaftskrise des Frühjahrs 1848 führt schon bald zu einer weiteren Verschärfung der ohnehin schon gespannten Lage. Die Revolutionsnachrichten aus Frankreich hatten an der Börse zu einem massiven Kurseinbruch geführt, die nachfolgende Absatzkrise bedroht nicht nur mittelständische Handwerksbetriebe in ihrer Existenz. Auch der Unternehmer August Borsig sieht sich gezwungen, in seinen Maschinenbauanstalten ein Drittel der Stammbelegschaft zu entlassen. Als dann am 13. März die Nachrichten über den Beginn der Revolution in Wien eintreffen, scheint nach den ersten Zusammenstößen zwischen Militär und Demonstranten auch in der preußischen Hauptstadt der Ausbruch der Revolution nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Und in der Tat: Als die Kavallerie am 18. März nach einer Kundgebung des Königs auf dem Schloßplatz den Angriff auf die versammelte Menge startet, gerät innerhalb kürzester Zeit die ganze Stadt in Aufruhr. Der Funke der Revolution war endgültig auch auf Berlin übergesprungen.
Paris - Wien - Berlin. Der Blick auf die zentralen Schauplätze der europäischen Revolution von 1848 verdeutlicht zugleich den besonderen Charakter der Berliner Ereignisse. Denn während in Frankreich nach dem Sturz des Königs die Republik ausgerufen wird, bleibt in Preußen die monarchische Autorität Friedrich Wilhelms IV. im Kern unangetastet. Nach dem Abgang aus der unruhigen Revolutionsmetropole Berlin baut der König an seinem Potsdamer Hof mit seinen Beratern und Generälen ein neues Machtzentrum auf, in dem schließlich auch die Geschicke der Berliner Revolution entschieden werden. Das preußische Staatsministerium sieht sich seit den Märztagen 1848 vor die schwierige Aufgabe gestellt, zwischen Berlin und Potsdam zu vermitteln. Nach dem ersten "Märzministerium" Camphausen scheitern noch weitere Regierungen an dem Versuch, das preußische Staatsschiff im Widerstreit von Revolution und Reaktion auf einen liberalen Kurs zu bringen.
Schnellpressen, Flugblätter und Straßenecken: Die Berliner Revolutionsöffentlichkeit
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