1848-Geschichten aus der Berliner Märzrevolution



II. Militär und Bürgerwehr - Wieviel Ordnung braucht die Revolution?

5. Der Einmarsch General Wrangels und das Ende der Bürgerwehr


Major Rimpler an die Bürgerwehr und die Bevölkerung Berlins, 2. November 1848 Ende Oktober 1848: Die Nachrichten aus Wien über die blutige Niederschlagung der Revolution durch kaiserliche Truppen beunruhigen die Berliner Bevölkerung. Demokratische Abgeordnete bringen in die Nationalversammlung einen Antrag ein, in dem die preußische Regierung zu einer direkten militärischen Unterstützung Wiens aufgefordert wird. Der Antrag wird abgelehnt. Verabschiedet wird lediglich eine allgemeine Aufforderung an die Zentralregierung in Frankfurt am Main, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.

Dieser Beschluß der Nationalversammlung vom 31. Oktober 1848 löst bei der auf dem Gendarmenmarkt wartenden Menge eine große Empörung aus. Es kommt zu Tumulten, in deren Verlauf ein Demonstrant getötet und mehrere Bürgerwehrmänner verletzt werden.

Kommandeur Rimpler ist sich der Gefährlichkeit der Lage bewußt. In einem dramatischen Appell ruft er die Bevölkerung Berlins am 2. November dazu auf, die Beschlüsse der Nationalversammlung zu achten und Ruhe zu bewahren. Nach einer Ermahnung des Innenministeriums an die Bürgerwehr ist klar, daß jeder weitere gewalttätige Zusammenstoß unweigerlich zum Einsatz des Militärs führen wird.


Protest Major Rimplers gegen das Innenministerium, 2. November 1848 Nach den Auseinandersetzungen vor der Nationalversammlung sieht Major Rimpler auch die Gefahr, daß die Bürgerwehr zwischen den Fronten von Radikalismus und Reaktion zerrieben werden könnte. Um die Glaubwürdigkeit seiner Truppe bei der Bevölkerung zu erhöhen, protestiert er am gleichen Tag öffentlich gegen die Drohungen des Innenministers.

Dieser Protest wird die staatlichen Stellen und den Hof von Sanssouci nicht mehr beeindrucken. Der seit langem gefaßte königliche Plan zur Gegenrevolution wird von nun an energisch Schritt für Schritt in die Tat umgesetzt. Am 8. November wird die für den Geschmack des Potsdamer Hofes immer noch zu kompromißbereite Regierung Pfuel durch das Kabinett Brandenburg/Manteuffel ersetzt. Am Tag darauf wird die Nationalversammlung durch Ministerbeschluß in die Stadt Brandenburg verlegt. Den Sitzungen des Parlaments im Schauspielhaus wird hiermit formal die rechtliche Grundlage entzogen.

Major Rimpler versucht auch noch in dieser Situation, Haltung zu bewahren. Am 9. November 1848 widersetzt er sich dem Befehl der Regierung, die "ungesetzlichen" Tagungen der Nationalversammlung aufzulösen.


General von Wrangel und Major Rimpler auf dem Gendarmenmarkt, 10. November 1848 10. November 1848: Die militärische Besetzung Berlins. Gegen drei Uhr nachmittags reitet General von Wrangel an der Spitze einer Armee von 13.000 Soldaten mit sechzig Geschützen durch das Brandenburger Tor. Auf den Straßen herrscht gedrücktes Schweigen. Am Gendarmenmarkt kommt es zu einem kurzen Treffen zwischen dem General und dem Kommandeur der Bürgerwehr: Rimpler fragt, wie lange Wrangel seine Truppen vor dem Schauspielhaus stationieren wolle. Die Truppen seien gewohnt zu biwakieren, lautet die lakonische Antwort des Generals. Von Wrangel ist entschlossen, die Versammlung des Parlaments aufzulösen, und dennoch bemüht, gewalttätige Konfrontationen zu vermeiden.

Allzu lange wird der General nicht warten müssen. Nach dem Ende der Parlamentssitzung verlassen die Abgeordneten unter dem Beifall der Bevölkerung gegen 5 Uhr das Schauspielhaus, das gleich darauf von Soldaten besetzt wird.


Verordnung Friedrich Wilhelms IV. über die Auflösung der Bürgerwehr, 11. November 1848 11. November 1848: Friedrich Wilhelm IV. verfügt die Auflösung der Bürgerwehr. Äußerer Anlaß ist die Weigerung Rimplers, die Bürgergarde gegen die Nationalversammlung einzusetzen.

Durch den Druck der Ereignisse endgültig zermürbt, legt Rimpler daraufhin das Kommando über die Bürgerwehr nieder. Der Widerstand der Bürgerbataillone in den Stadtbezirken bleibt noch ungebrochen. Bis spät in die Nacht beraten sie ihr weiteres Vorgehen gegen den königlichen Befehl zur Auflösung.


General von Wrangel: Proklamation des Belagerungszustandes, 12. November 1848 12. November 1848: General von Wrangel verhängt den Belagerungszustand über die Stadt Berlin. Aus taktischen Gründen verzichtet der Militär auch hier darauf, die einzelnen Bestimmungen sofort mit Gewalt durchzusetzen. Die Berliner versammeln sich wie zuvor auf den Straßen, die fliegenden Buchhändler durchstreifen weiter die Stadt, und auch die Wirtshäuser bleiben bis nach Mitternacht geöffnet. Das vorrangige Ziel von Wrangels ist es, die Bürgerwehr zu entwaffnen.


Protest der Bürgerwehr, 14. November 1848 14. November 1848: Viele Bataillone der Bürgerwehr protestieren auch nach der Verhängung des Belagerungszustandes noch vehement gegen ihre Auflösung und Entwaffnung. Radikale Kräfte fordern bis zuletzt den bewaffneten Kampf gegen das weit überlegene Militär, finden aber beim Großteil der Berliner Bevölkerung kein Gehör. Die Androhung militärischer Gewalt bei der Entwaffnung überzeugt dann auch die Bürgerwehr von der Sinnlosigkeit ihres Widerstandes.


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