Dieser Beschluß der Nationalversammlung vom 31. Oktober 1848 löst bei der auf dem Gendarmenmarkt wartenden Menge eine große Empörung aus. Es kommt zu Tumulten, in deren Verlauf ein Demonstrant getötet und mehrere Bürgerwehrmänner verletzt werden.
Kommandeur Rimpler ist sich der Gefährlichkeit der Lage bewußt. In einem dramatischen Appell ruft er die Bevölkerung
Berlins am 2. November dazu auf, die Beschlüsse der Nationalversammlung zu achten und Ruhe zu bewahren. Nach einer
Ermahnung des Innenministeriums an die Bürgerwehr ist klar, daß jeder weitere gewalttätige Zusammenstoß unweigerlich zum
Einsatz des Militärs führen wird.
Nach den Auseinandersetzungen vor der Nationalversammlung sieht Major Rimpler auch die Gefahr, daß die Bürgerwehr
zwischen den Fronten von Radikalismus und Reaktion zerrieben werden könnte. Um die Glaubwürdigkeit seiner Truppe bei der
Bevölkerung zu erhöhen, protestiert er am gleichen Tag öffentlich gegen die Drohungen des Innenministers.
Dieser Protest wird die staatlichen Stellen und den Hof von Sanssouci nicht mehr beeindrucken. Der seit langem gefaßte königliche Plan zur Gegenrevolution wird von nun an energisch Schritt für Schritt in die Tat umgesetzt. Am 8. November wird die für den Geschmack des Potsdamer Hofes immer noch zu kompromißbereite Regierung Pfuel durch das Kabinett Brandenburg/Manteuffel ersetzt. Am Tag darauf wird die Nationalversammlung durch Ministerbeschluß in die Stadt Brandenburg verlegt. Den Sitzungen des Parlaments im Schauspielhaus wird hiermit formal die rechtliche Grundlage entzogen.
Major Rimpler versucht auch noch in dieser Situation, Haltung zu bewahren. Am 9. November 1848 widersetzt er sich dem Befehl
der Regierung, die "ungesetzlichen" Tagungen der Nationalversammlung aufzulösen.
10. November 1848: Die militärische Besetzung Berlins. Gegen drei Uhr nachmittags reitet General von Wrangel an der
Spitze einer Armee von 13.000 Soldaten mit sechzig Geschützen durch das Brandenburger Tor. Auf den Straßen
herrscht gedrücktes Schweigen. Am Gendarmenmarkt kommt es zu einem kurzen Treffen zwischen dem General und dem Kommandeur
der Bürgerwehr: Rimpler fragt, wie lange Wrangel seine Truppen vor dem Schauspielhaus stationieren wolle. Die Truppen
seien gewohnt zu biwakieren, lautet die lakonische Antwort des Generals. Von Wrangel ist entschlossen, die Versammlung
des Parlaments aufzulösen, und dennoch bemüht, gewalttätige Konfrontationen zu vermeiden.
Allzu lange wird der General nicht warten müssen. Nach dem Ende der Parlamentssitzung verlassen die Abgeordneten unter dem
Beifall der Bevölkerung gegen 5 Uhr das Schauspielhaus, das gleich darauf von Soldaten besetzt wird.
11. November 1848: Friedrich Wilhelm IV. verfügt die Auflösung der Bürgerwehr. Äußerer Anlaß ist die Weigerung Rimplers,
die Bürgergarde gegen die Nationalversammlung einzusetzen.
Durch den Druck der Ereignisse endgültig zermürbt, legt Rimpler daraufhin das Kommando über die Bürgerwehr nieder. Der
Widerstand der Bürgerbataillone in den Stadtbezirken bleibt noch ungebrochen. Bis spät in die Nacht beraten sie ihr weiteres
Vorgehen gegen den königlichen Befehl zur Auflösung.
12. November 1848: General von Wrangel verhängt den Belagerungszustand über die Stadt Berlin. Aus taktischen Gründen
verzichtet der Militär auch hier darauf, die einzelnen Bestimmungen sofort mit Gewalt durchzusetzen. Die Berliner versammeln
sich wie zuvor auf den Straßen, die fliegenden Buchhändler durchstreifen weiter die Stadt, und auch die Wirtshäuser bleiben
bis nach Mitternacht geöffnet. Das vorrangige Ziel von Wrangels ist es, die Bürgerwehr zu entwaffnen.
14. November 1848: Viele Bataillone der Bürgerwehr protestieren auch nach der Verhängung des Belagerungszustandes noch
vehement gegen ihre Auflösung und Entwaffnung. Radikale Kräfte fordern bis zuletzt den bewaffneten Kampf gegen das weit
überlegene Militär, finden aber beim Großteil der Berliner Bevölkerung kein Gehör. Die Androhung militärischer Gewalt bei
der Entwaffnung überzeugt dann auch die Bürgerwehr von der Sinnlosigkeit ihres Widerstandes.
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