1848-Geschichten aus der Berliner Märzrevolution



II. Militär und Bürgerwehr - Wieviel Ordnung braucht die Revolution?

1. Die Bürgerwehr formiert sich


Bekanntmachung über die Bürgerwehr, 19. März 1848 19. März 1848: Die königliche Genehmigung der Bürgerwehr, an erster Stelle unterzeichnet von dem Polizeipräsidenten von Minutoli. Noch am gleichen Tag wird im Zeughaus, dem Waffendepot der Stadt Berlin, mit der Ausgabe von Gewehren begonnen. Die Aktion wird von Graf Arnim, dem kurz zuvor ernannten Ministerpräsidenten, zusammen mit einem Ministerkollegen persönlich geleitet. Die erste Abteilung der Bürgerwehr wird aus Angehörigen der Berliner Schützengilde gebildet. Gegen fünf Uhr nachmittags treten sie vor dem Stadtschloß ihre erste Wache an - als bürgerliche Ehrengarde des Königs.


Anordnungen über die Bürgerwehr, 25. März 1848 Nach der Genehmigung der Bürgerwehr drängen viele Berliner voller Enthusiasmus zu dem neuen Waffendienst. Berufsgruppen wie die der Handwerker und Kaufleute, aber auch Künstler und Studenten bilden in eigener Initiative "fliegende Korps". Auch die Führungsstruktur der Bürgerwehr folgt dem Geist der neuen Zeit: Die Vorgesetzten werden gewählt.

Den Kern der Bürgerwehr bilden jedoch die nach Stadtbezirken gegliederten Verbände. Nachdem auch sie schon ihre Zugführer gewählt haben, gibt der Polizeipräsident von Minutoli am 25. März 1848 "provisorische Anordnungen" heraus, mit denen die Führungsstruktur und die Zuständigkeiten der neuen bürgerlichen Schutztruppe für ganz Berlin geregelt werden sollen: Die Korps der insgesamt 111 Stadtbezirke werden von Hauptleuten geführt, jeweils zehn bis fünfzehn Bezirke bilden ein Bataillon, für das durch die Hauptleute ein Major zu wählen ist. Der Polizeipräsident von Minutoli wird auch als erster Kommandeur an die Spitze der Bürgerwehr gewählt. Er besitzt schon bald den Oberbefehl über ca. 20.000 Bürger unter Waffen.


Liste der Bürgerwehrbataillone Vertreter des gewerblichen Mittelstandes und Beamte stellen die meisten Hauptleute der Bürgerwehr. Die Beamten werden in einem Erlaß des Innenministeriums auch extra dazu aufgefordert, sich zum Wachdienst zu melden. Die Bürgerwehr wird damit zum einen auch personell eng mit den staatlichen Organen verbunden, zum anderen soll gerade eine Beteiligung nichtbürgerlicher Kräfte an der Schutztruppe vermieden werden.


Bürgerwehr-Zeitung 3. Mai 1848: Die erste Ausgabe der "Bürgerwehr-Zeitung" erscheint, ein Diskussionsforum über die Rolle und die Aufgaben der Truppe. Die Bürgerwehr ist, nicht zuletzt wegen der sozialen und beruflichen Herkunft ihrer Befehlshaber, eine Stütze des Bürgertums und der gemäßigten Kräfte der Revolution. Gerade die Nähe zu den staatlichen Organen birgt aber eine Menge ungelöster Fragen und Probleme. Die Herausgeber bemerken in bezug auf die Stellung der Bürgerwehr treffend: " ... sie ist keine Armee, sie ist keine Polizeigewalt, und für ihre Verwendung sind die Grundsätze erst festzustellen, mit einem Worte, die Taktik für die Bürgerwehr, wie sie in Preußen besteht, muß noch national zusammengestellt und ihre Gefechts-Verhältnisse müssen geregelt werden."

Fragen der Taktik und des kontrollierten Einsatzes von bewaffneter Gewalt - dies bedeutet für die Bürgerwehrmänner bei ihren Einsätzen oft das Problem: An welchem Punkt und wie muß gegen Demonstrationen und Ruhestörungen eingeschritten werden?


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