Nach der Genehmigung der Bürgerwehr drängen viele Berliner voller Enthusiasmus zu dem neuen Waffendienst. Berufsgruppen
wie die der Handwerker und Kaufleute, aber auch Künstler und Studenten bilden in eigener Initiative "fliegende
Korps". Auch die Führungsstruktur der Bürgerwehr folgt dem Geist der neuen Zeit: Die Vorgesetzten werden gewählt.
Den Kern der Bürgerwehr bilden jedoch die nach Stadtbezirken gegliederten Verbände. Nachdem auch sie schon ihre
Zugführer gewählt haben, gibt der Polizeipräsident von Minutoli am 25. März 1848 "provisorische Anordnungen"
heraus, mit denen die Führungsstruktur und die Zuständigkeiten der neuen bürgerlichen Schutztruppe für ganz Berlin
geregelt werden sollen: Die Korps der insgesamt 111 Stadtbezirke werden von Hauptleuten geführt, jeweils zehn bis
fünfzehn Bezirke bilden ein Bataillon, für das durch die Hauptleute ein Major zu wählen ist. Der Polizeipräsident von
Minutoli wird auch als erster Kommandeur an die Spitze der Bürgerwehr gewählt. Er besitzt schon bald den Oberbefehl
über ca. 20.000 Bürger unter Waffen.
Vertreter des gewerblichen Mittelstandes und Beamte stellen die meisten Hauptleute der Bürgerwehr. Die Beamten werden
in einem Erlaß des Innenministeriums auch extra dazu aufgefordert, sich zum Wachdienst zu melden. Die Bürgerwehr wird
damit zum einen auch personell eng mit den staatlichen Organen verbunden, zum anderen soll gerade eine Beteiligung
nichtbürgerlicher Kräfte an der Schutztruppe vermieden werden.
3. Mai 1848: Die erste Ausgabe der "Bürgerwehr-Zeitung" erscheint, ein Diskussionsforum über die Rolle und
die Aufgaben der Truppe. Die Bürgerwehr ist, nicht zuletzt wegen der sozialen und beruflichen Herkunft ihrer
Befehlshaber, eine Stütze des Bürgertums und der gemäßigten Kräfte der Revolution. Gerade die Nähe zu den staatlichen
Organen birgt aber eine Menge ungelöster Fragen und Probleme. Die Herausgeber bemerken in bezug auf die Stellung der
Bürgerwehr treffend: " ... sie ist keine Armee, sie ist keine Polizeigewalt, und für ihre Verwendung sind die
Grundsätze erst festzustellen, mit einem Worte, die Taktik für die Bürgerwehr, wie sie in Preußen besteht, muß noch
national zusammengestellt und ihre Gefechts-Verhältnisse müssen geregelt werden."
Fragen der Taktik und des kontrollierten Einsatzes von bewaffneter Gewalt - dies bedeutet für die Bürgerwehrmänner bei ihren
Einsätzen oft das Problem: An welchem Punkt und wie muß gegen Demonstrationen und Ruhestörungen eingeschritten werden?
Nächstes Thema | Startseite | Kapitel I | Kapitel II | Kapitel III | Kapitel IV | Chronik | Bildindex | ZLB | Kontakt | Zurück