II. Militär und Bürgerwehr - Wieviel Ordnung braucht die Revolution?
18. März 1848: Am Beginn der Berliner Revolution steht der Versuch des preußischen Königs, den Ausbruch der Revolution durch
politische Zugeständnisse zu verhindern. Kurz nach 13 Uhr betritt Friedrich Wilhelm IV. zusammen mit seinem Minister
Bodelschwingh den Balkon des Berliner Stadtschlosses, um der wartenden Menge den Inhalt seiner Reformpatente zu verkünden.
Entgegen seinen Erwartungen muß der Monarch jedoch mitansehen, wie die zunächst friedliche Versammlung Berliner Bürger
zunehmend außer Kontrolle gerät. Stetig nachdrängende Volksmassen, die über die zugestandenen Reformen hinaus lautstark
die Bürgerbewaffnung und den Abzug des Militärs fordern, schaffen auf dem Schloßplatz eine explosive Atmosphäre. Der
Haß und die tiefe Verbitterung, die mit den blutigen Zusammenstößen der letzten Zeit stetig gewachsen sind, werden
sowohl beim Militär als auch bei der Bevölkerung deutlich spürbar. Als der König schließlich den Befehl zur
gewaltfreien Räumung des Platzes gibt, wird dies von vielen Offizieren deshalb auch nur noch als Signal zum Beginn des
Kampfes verstanden: Die Kavallerie startet eine Säbelattacke, auf Seiten der Infanterie fallen zwei ungezielte Schüsse.
Die angegriffenen Massen fliehen panisch in die anliegenden Straßen und Gassen und beginnen, Barrikaden zu bauen. Die
Gewalt wird erwidert, die Revolution beginnt.
Durch die Heftigkeit der Kämpfe zutiefst verschreckt, verfaßt Friedrich Wilhelm IV. noch in der Nacht zum 19. März ein
Vermittlungsangebot "An meine lieben Berliner". In den Verhandlungen mit den Barrikadenkämpfern trifft er dann
am folgenden Tag gegen den energischen Protest hoher Offiziere eine erstaunliche Entscheidung: Er ordnet den vollständigen
Abzug der Truppen aus der preußischen Hauptstadt an und bewilligt den Aufbau der schon so lange geforderten Bürgerwehr.
Damit sind alle Forderungen des Vortages erfüllt. Zugleich ist jedoch ein neues Problem geschaffen worden: Die Bürgerwehr
wird im wahrsten Sinn des Wortes über Nacht zur bestimmenden Ordnungsmacht in Berlin. Welche Rolle wird sie in den zu
erwartenden politischen und sozialen Auseinandersetzungen spielen? Wie ist ihr Verhältnis zum Militär, der nach wie vor
stärksten Macht im Staat? Und: Wieviel Ordnung braucht eine Revolution überhaupt?
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