1848-Geschichten aus der Berliner Märzrevolution



I. Von Wahlmännern und Urwählern - Der Streit um das rechte Verständnis von Volkssouveränität

1. Der Vereinigte Landtag und die Verkündung des indirekten Wahlrechts


Bekanntmachung über die Einberufung des Zweiten Vereinigten Landtags, 18. März 1848 18. März 1848: Der Magistrat von Berlin verkündet die Reformpatente des Königs. Das in aller Eile hergestellte Plakat enthält allerdings ein falsches Datum. Der Zweite Vereinigte Landtag wird schon zum 2. April 1848 einberufen.


Friedrich Wilhelm IV.: An meine lieben Berliner, 19. März 1848 Noch während auf den Straßen der preußischen Hauptstadt gekämpft wird, wendet sich Friedrich Wilhelm IV. mit versöhnlichen Worten an seine "lieben Berliner". Das Einberufungspatent für den Zweiten Vereinigten Landtag hebt er ausdrücklich als "Pfand der treuen Gesinnung" hervor. Der Versuch des Königs, eine Rotte auswärtiger "Bösewichter" für den Ausbruch der Gewalt verantwortlich zu machen, wird von der Bevölkerung mit Spott zurückgewiesen.


Die Eröffnung des Zweiten Vereinigten Landtags am 2. April 1848 2. April 1848: Pünktlich um 12 Uhr mittags tritt im Weißen Saal des Berliner Stadtschlosses der Zweite Vereinigte Landtag zusammen. Im Vergleich zum Vorjahr bietet sich den Beobachtern ein völlig verschiedenes Bild: Statt glänzender Uniformen dominieren nun schwarze Röcke die Versammlung - auch bei den Vertretern des Adels.

Der verhüllte Königsthron unterstreicht den bürgerlich-nüchternen Charakter des Landtages. Friedrich Wilhelm IV. zeigt sich trotz seiner warmen Worte an die "lieben Berliner" verschnupft und überläßt dem neuernannten Ministerpräsidenten Camphausen die Eröffnung der Versammlung. Als wichtigsten Punkt seiner Rede stellt Camphausen den Entwurf des Staatsministeriums für ein Wahlgesetz vor.

Die Abgeordneten der neuen konstituierenden preußischen Nationalversammlung sollen nach einem indirekten Wahlverfahren bestimmt werden. Der Entwurf wird schon bald im Landtag verabschiedet und am 8. April von der Regierung als Wahlgesetz bekanntgegeben.


Verordnung über die Wahl der Preußischen Abgeordneten zur Deutschen Nationalversammlung, 11. April 1848 11. April 1848: Das Staatsministerium veröffentlicht die "Verordnung über die Wahl der Preußischen Abgeordneten zur Deutschen Nationalversammlung" in Frankfurt am Main. Die Abgeordneten für Frankfurt und Berlin sollen nach dem gleichen Wahlverfahren bestimmt werden: Grundsätzlich stimmberechtigt sind alle Männer ab vierundzwanzig Jahren im Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte. Je drei- bis fünfhundert Urwähler einer Gemeinde oder eines Stadtbezirks wählen einen Wahlmann. In einem zweiten Wahlgang sind dann durch die Wahlmänner die Abgeordneten für die Preußische und Deutsche Nationalversammlung zu bestimmen. Empfänger öffentlicher Armenunterstützung bleiben von diesem indirekten Wahlverfahren ausgeschlossen.


Nächstes Thema | Startseite | Kapitel I | Kapitel II | Kapitel III | Kapitel IV | Chronik | Bildindex | ZLB | Kontakt | Zurück